Spitzfuß (Pes equinus)

Für den Pes equinus, den Spitzfuß, gibt es zwei Ursachen. Eine davon ist die angeborene Fehlstellung, zum Beispiel bei einer Unterentwicklung (Hypoplasie) des Knochens am Unterschenkel, ein ausgerenktes Kniegelenk (angeboren) oder eine Zwangsfehlstellung im Mutterleib. Manchmal tritt der Spitzfuß auch in Verbindung mit einem Klumpfuß auf. Der Spitzfuß ist gekennzeichnet durch einen Fersenhochstand. Dabei können die Fersen nicht auf dem Boden aufgesetzt werden. Eine andauernd fortbestehende Beugung des Fußes Richtung Sohle (Plantarflexion) ist sichtbar. Passiv lässt sich der Fuß nicht in eine gerade Form bringen. Folgeerscheinungen des Spitzfußes sind körperliche Probleme und Skelettfehlhaltungen mit Beschwerden.

Die zweite Ursache des Spitzfußes ist eine erworbene, zum Beispiel durch Wadenmuskel-Verkürzung (Musculus gastrocnemius). Auch eine zerebrale Kinderlähmung mit spastischen Lähmungserscheinungen ist als Ursache möglich. Sie tritt durch ein traumatisches Ereignis während des Geburtsvorganges auf. Häufige Folge ist dann eine Spitzfuß-Fehlbildung. Durch neurologische Störungen, beispielsweise durch eine halbseitige Lähmung nach Schlaganfall-Erkrankungen oder bei spastisch-verkrampften Leiden (Friedrich-Krankheit, Myelodysplasie). Ursache können aber auch Systemerkrankungen sein, wie z. B. die Bluterkrankheit (Hämophilie). Hierbei werden die Beschwerden durch Einblutungen in die Muskulatur an der Wade verursacht.

Die Spitzfußstellung ist für Menschen nicht effektiv und unphysiologisch; sie verhindert den stabilen Zwei-Bein-Stand. Außerdem fehlt das Abrollen des Fußes beim Gehen; Unsicherheiten im Gangbild sind die Folge. Als posttraumatische Ursachen kommen Verkürzungen des Unterschenkels im Sprunggelenksbereich oder Schäden des Fußes mit einer daraus folgenden Verkürzung der Achillessehne infrage. Auch nach einem längeren Krankenlager ohne richtige Lagerung des Fußes (fehlendes Abstützen) oder Verbände, wobei der Fuß längerfristig in einer Spitzfuß-Stellung fixiert wird. Weitere Ursachen sind Lähmungen von Muskeln an der Unterschenkelvorderseite, Fußheberschwäche, Schädigung des Nervs (Nervus peroneus) durch Unfälle oder Diphterie.

Untersuchung und Therapie

Bei der klinischen Betrachtung fällt der Steppergang (Hahnentritt) auf, da das Abrollvermögen des Fußes fehlt. Die Ferse kann nicht auf den Boden aufgesetzt werden. Der Fuß wird beim ausgeprägten Spitzfuß sehr weit vorn aufgesetzt. Extremfälle treten sogar mit dem Fußrücken auf. Es bilden sich meist deutliche Schwielen im Fußballenbereich. Da der Fuß sohlenwärts gebeugt ist, erscheint das Bein funktionell länger. Ein Schleifen der Zehen auf dem Boden wird durch vermehrtes Anheben der Knie beim Gehen vermieden. Der Fuß kann dabei, wenn das Kniegelenk ausgestreckt ist, kaum in die Richtung des Fußrückens gebeut werden, also die Normalposition einnehmen. Ausgleichend kann möglicherweise als Haltungsschaden eine Wirbelsäulenverkrümmung auftreten, wenn der Spitzfuß nicht behandelt wird. Durch Beurteilung des Gangbildes und die Ermittlung der Veränderungen mittels der passiven Fußbewegung erfolgt die Diagnostik mit anschließender Klärung der genauen Ursache. Hierfür werden, wenn nötig, neurologische Untersuchung (Elektromyographie) mit Spannungsableitung vom Muskel oder durch Entnahme von Muskelgewebe zu Probezwecken (Biopsien) durchgeführt, die verkrampfte oder gelähmte Muskelbereiche lokalisieren helfen. Mit Hilfe einer Röntgenuntersuchung wird das Ausmaß der Fehlstellung am knöchernen Fuß abgeklärt sowie die Auswirkung in Bezug auf Knie, Hüfte und Wirbelsäule sowie weitere Skelettanteile untersucht.

Wenn konservative Möglichkeiten nicht zum gewünschten Erfolg führen, kann eine Operation des Spitzfußes nötig sein, damit keine Folgekrankheiten oder weitere Fehlstellungen im Skelettbereich auftreten.

Therapiemöglichkeiten

Wie bei allen Erkrankungen hängt die Therapie stark davon ab, wie die Ursache der Krankheit ist, welche Schwere sie hat und wie die subjektiven Empfindungen des Patienten sind. Wenn z. B. der Spitzfuß Ursache einer Beinverkürzung auf einer Seite ist (nach Poliomyelitis beispielsweise), darf keine Korrektur vorgenommen werden.

Einen verkrümmten gelähmten (kontrakten) Spitzfuß beim Erwachsenen behandelt man effektiv krankengymnastisch mit Hilfe der aktiven und passiven Mobilisation. Dabei sollte die Muskulatur des Unterschenkels gedehnt und der Fuß möglichst in seine Normalstellung zurückgebracht werden (manuelle Redression). Wenn diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, hilft ein Unterschenkel-Stehgips, den Fuß in Normalstellung zu stabilisieren. Kinder durchlaufen werden nomalerweise krankengymnastisch behandelt, um Bewegungsabläufe zu schulen.

Helfen alle Therapieversuche nicht, ist eine Operation unumgänglich, zum Beispiel durch Verlängerung der Achillessehne (besonders bei Kindern erfolgreich). Danach erfolgt die Anlage eines korrigierenden Gipsverbandes. Beim Erwachsenen kann auch eine Versteifung des unteren Sprunggelenkes (Arthrodese) durchgeführt werden, wobei die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes erhalten wird. Unbedingt erforderlich ist diese Behandlung bei schweren Abnutzungen am Gelenkknorpel des Sprunggelenkes. Anschließend ist für alle Spitzfüße eine konservative Therapie mit Dehnübungen wichtig. Wenn auch der chirurgische Eingriff keinen Erfolg bringt, helfen orthopädische Schuhe mit Keilen unter der Ferse und dementsprechendem Ausgleich der anderen Seite.

Vorbeugen kann man einer Spitzfußstellung z. B. bei längerer Ruhigstellung vom Sprunggelenk durch ein Fußbrett zum Abstützen bei Bettlägerigkeit. Auch krankengymnastische Übungen, die die Muskulatur und Sehnen der Rückseite des Unterschenkels regelmäßig dehnen, beugen einer Verkürzung vor und müssen bei Bedarf passiv durchgeführt werden, falls sie aktiv wegen der Beschwerden unmöglich sind. Beim Gipsen muss auf eine normale Stellung des Fußes geachtet werden, außer bei Achillessehnenriss. Hier helfen krankengymnastische Dehnungsübungen nach dem Entfernen des Gipses, die verkürzte Unterschenkelmuskulatur so zu trainieren, dass der Spitzfuß beseitigt werden kann.